Mischformen – therapieschwierige Epilepsien
Es gibt auch Leute mit epileptischen und nichtepileptischen Anfällen. Daher meine Meinung, dass immer körperliche plus psychische Ursachen zusammenkommen – mal mehr, mal weniger. Entsprechend sind verschiedene Therapieformen hilfreich. Das Gehirn kann auch „lernen“, auf bestimmte Provokationen mit Anfällen zu reagieren… Entsprechend können bestimmte Übungen/Training dem entgegenwirken.

Aus Seminaren mit anderen Patienten weiß ich, dass als Anfallsauslöser praktisch immer (jede Form von) Stress angegeben wird – körperlich, geistig… auch „positiver Stress“ (Freude/Vorfreude). Das zeigt deutlich den Zusammenhang von physischer und psychischer Gesundheit. Auch wenn viele diesen „Psycho-Quatsch“ nicht wahrhaben wollen: Im Gehirn werden nicht nur Körperfunktionen gesteuert, sondern jegliches Denken und Fühlen – alles im gleichen Netzerk. Nennt es „Seele“ oder Körperchemie mit Hormonen und Signalaustausch zwischen Nervenzellen… Es ist untrennbar.
Leider haben Leute mit mehreren verschiedenen Anfallsarten weniger Chancen auf Anfallsfreiheit. Solche Epilepsien werden als pharmaresistent, therapieresistent oder zumindest therapieschwierig bezeichnet. Allerdings gibt es das auch bei vielen Epileptikern mit einer einzigen Anfallsform. Man sollte jedoch nie aufhören nach einer geeigneten Therapie zu suchen – jedes Leben sollte lebenswert sein.
Warum sind eigentlich alle lieber physisch krank als psychisch? Daraus resultiert dann eine schräge Haltung/Bewertung anderen gegenüber. Gibt es eine Art „Wettbewerb“, was mehr oder weniger schlimm ist? Beispiel: Ich habe jetzt seit Jahren ein kaputtes Knie (nach ’nem Unfall), laufe mit Krücke und erlebe viel Rücksichtnahme – das Handycap ist offensichtlich und wildfremde Leute haben mir schon spontan meinen Einkauf nach Hause getragen.
Ich hatte auch schon schwere Depressionen mit Suizidgedanken – unsichtbar für Andere und alle denken: schlechte Laune, Antriebslosigkeit, Trauer usw, hat halt jeder mal… und alle müssen sich zusammenreißen und da durch… Ich kann euch sagen: Das ist anmaßend und wer es nicht erlebt hat, kann nicht wissen, wie das ist – „zusammenreißen“ is nich und z.B. mein kaputtes Knie belastet mich weniger. Leider hat niemand die Wahl, welches Leiden er abgkriegt und was er dagegen machen kann.
Bei Anfällen (mit Sturz) in der Öffentlichkeit habe ich schon oft erlebt, dass alle weggucken, vorbeilaufen, sogar über mich drübersteigen… Oft kümmern sich aber auch welche (besonders Jüngere) und dann machen andere ringsherum mit. Der Umgang mit Hilfsbedürftigen ist sehr verschieden – wieso? Ja, es gibt Studien, wovon Hilfsbereitschaft abhängt – anderes Thema.
Schweres Asthma als chronische Krankheit hatte ich auch schon jahrelang – echt beschissen, aber alle haben Verständnis.
Die Epilepsie – auch chronisch, aber nicht so häufig wie Asthmaanfälle… Erst wenn jemand so einen Anfall sieht, findet er es furchtbar und hat Respekt davor. Dauernd muss ich mich rechtfertigen und anderen meine Krankheit erklären, was sie sowieso nicht verstehen – besonders nervig bei Behörden.
Schwerbehindertenausweis und Umschulung – 3 Jahre Behördenkrieg vorweg. Anerkennung der Arbeitsunfähigkeit/Erwerbsminderung – über 4 Jahre Behördenkrieg mit Klage vor’m Sozialgericht… Wann hört das auf?
Sollte man nicht Stress reduzieren um jegliche Krankheit zu lindern? Ich fordere ein Umdenken! Erst wenn jemand total zusammenbricht oder Suizid begeht, wird die psychische Krankheit ernst genommen – zu spät.
Behörden müsen Dinge entscheiden und brauchen klare Kriterien dafür, nur funktioniert bei vielen Epileptikern (und anderen chronisch Kranken oder alten Menschen) dieses „Schema F“ nicht, nach dem Krankheiten beurteilt werden.
Beispiel „Wegefähigkeit“: Bin ich als Epileptiker in der Lage, einen typischen Arbeitsweg zu Fuß/mit ÖPNV zu bewältigen? Klares „Jein“ – meistens schon. Nur weiß ich eben nie, wann ein Anfall kommt (große Gefahr für mich und andere da draußen). Ist dieses Risiko nun vertretbar/zumutbar? Klare Entscheidung praktisch unmöglich, aber Sachbearbeiter müssen nunmal entscheiden – so oder so. Und schon gibt’s Stress…
Ich selbst bin jahrelang zur Arbeit gegangen – auch an Tagen, wo ich schon früh gemerkt habe, dass ich lieber zu Hause bleiben sollte. Ob ich unterwegs wirklich einen Anfall haben werde, lässt sich auch nicht sicher vorhersagen. in dem Fall bräuchte ich eine Krankschreibung und müsste zum Arzt gehen (statt zur Arbeit)… Erkennt ihr die Zwickmühle? Ich muss also trotz erhöhtem Risiko raus und es ist nur eine Frage der Zeit, wann es zum Anfall + Sturz mit Verletzungen kommt – ist mir oft passiert. Irgendwann habe ich gesagt: Ich MUSS überhaupt nix – eine vernünftige Entscheidung.
Allerdings sollte immer gründlich diagnostiziert werden, denn manche Epilepsien sind nicht so leicht erkennbar. Auch bei mir ist ein normales EEG sowie MRT ohne Befund. Durch Langzeit-Video-EEG wurde die Diagnose einer „echten“ Epilepsie klar, wenn auch mit unklarer Ursache. Nach meiner Erfahrung wird (nicht nur bei mir) eine rein psychische Ursache oft vorschnell diagnostiziert und jahreng eingleisig nur Psychotherapie angewendet – erfolglos.
Es gibt Symptome/Beschwerden beim Patienten, also muss immer eine Krankheit benannt und eine Therapie verordnet werden, im Zweifel eben die Psychotherapie. Und dann übernimmt jeder Arzt die Diagnose vom Vorgänger, die lässt sich von Patienten also schwer infrage stellen – jahrelang. Mangelnde Sorgfalt in der Diagnostik führt viele auf den falschen Weg, weil eben nicht gründlich alle Untersuchungsmethoden ausgeschöpft werden. Obwohl man nicht sicher sein kann, wenn EEG und MRT ohne Befund sind, gelten organische Ursachen schnell als ausgeschlossen und dann wird eine rein psychische Störung diagnostiziert. Das ist oft auch richtig und sicher besser als eine Fehldiagnose mit sinnloser Medikamententherapie, aber… Zweifeln ist erlaubt.