Psychotherapie

Epilepsie

Zunächst mal etwas zum Sprachgebrauch: Wenn wir mehr auf die Formulierung achten, ändert sich auch das Denken über die Dinge dieser Welt. Das gilt für alles. Wer z.B. von „Psychos“ usw. spricht, ist wohl eher selbst etwas geistig minderbemittelt. Die meisten wissen rein gar nichts über moderne Psychotherapie stellen sich „die Klappse“ vor, wie sie in Filmen dargestellt wird, mit lauter krassen „Verrückten“, Zwangsjacken und Gummizellen – Bullshit. Gerne wird in Nebenbemerkungen von Fernseh-Shows darüber gewitzelt, man würde „vom bunten Auto abgeholt werden“ – Bullshit und auch nicht witzig, weil genau dann diese dämlichen Klischees entstehen.

Niemand sollte sich einem Psychologengespräch oder begleitenden Therapien verweigern. Das ist kein Nonsens und ganz sicher nicht „nur was für Bekloppte“, aber nicht jeder ist offen dafür und kann sich darauf einlassen… Schade, aber auch das gehört zur Selbstbestimmung: Ich darf auch „nein“ sagen.

Sich zu etwas zu zwingen bedeutet ja wieder Stress. Dadurch Entspannung/Entkrampfung zu erreichen – ein Widerspruch in sich. Überwindung braucht es immer, aber sich dauerhaft zu zwingen… Wie soll das gehen? Oft muss auch der Leidensdruck erst groß genug sein, damit sich jemand öffnet für jegliche Behandlungsmethoden. Krass formuliert: Wer oft genug auf die Fresse gefallen ist, dem kann es egal sein und er macht alles mit.

Um ein häufiges Missverständnis zu klären: Psychotherapeuten sind nicht zwangsläufig Mediziner. Sie haben eine Spezialausbildung für die Therapie psychischer Störungen, aber nicht unbedingt ein Medizinstudium und z.B. Medikamente verschreiben dürfen nur Ärzte. Psychotherapien gibt es vielfältig, als Gesprächstherapien oder in ganz anderer Form (z.B. Gestaltungstherapie) und viele können sowieso (begleitend) bei allen Beschwerden hilfreich sein, denn der gesunde Geist ist mit dem gesunden Körper untrennbar verbunden – kein esoterischer Hokuspokus, sondern wissenschaftlich belegt und wird in allen Fachkliniken so praktiziert.

Ein langer Weg…

Ich musste mir eine erneute Diagnostik jahrelang mit viel Eigenitiative erkämpfen. Dann wurde meine Fehldiagnose rein pschisch bedingter Anfälle korrigiert – Es ist doch eine nachweislich „echte“ Epilepsie, schwer diagnostizierbar und therapieschwierig… Ich weiß von anderen, die das nicht schaffen und evtl. nie die richtige Therapie bekommen. Wie gesagt: Eine Diagnose in Frage zu stellen ist ein Ausnahmefall unter Arzt-Kollegen. Gerade wenn man als Patient Psychotherapie in Frage stellt, heißt es erstmal: „Er verweigert sich, nimmt seine Diagnose nicht an…“ 20 Jahre lang waren alle Ärzte und Therapeuten von meiner letztlich falschen Diagnose überzeugt (und ich habe ihnen vertraut) – warum?

Ich nehme an, dass Ärzte immer Sicherheit ausstrahlen und irgend etwas verordnen, weil es von ihnen erwartet wird. Sonst würde ja das Vertrauen der Patienten enttäuscht… Oder? Bei mir wurde das Vertrauen in Mediziner beschädigt, weil von unzähligen Ärzten und Therapeuten über 20 Jahre sich keiner getraut hat zu zweifeln. Mir wäre lieber, wenn Ärzte sagen: Wir müssen weiter beobachten… Es ist nicht eindeutig… Wir können dies und jenes probieren… Das sind nicht Ärzte, die „keine Ahnung haben“, sondern verantwortungsbewusste – lieber eine Frage offen lassen als falsch zu beantworten. Wegweisende Entscheidungen müssen wirklich sicher sein, weil Lebensschicksale davon abhängen.

Die sog. „Falsifizierung“ bedeutet, dass jede Theorie immmer wieder überprüft bzw. widerlegt werden kann. Jede wissenschaftliche Arbeit beruht darauf – auch die von Medizinern.

Abschließende Bemerkung: Die „komplizierten“ Epilepsien, also die sich nur schwer diagnostizieren und entsprechend schwer therapieren lassen, sind nur ein kleiner Teil aller Epilepsien, kommen aber bei Anfällen aller Art vor. Gerade wenn sowohl „echte“ epileptische als auch psychogene Anfälle auftreten… Hier wird’s richtig komplex und ich empfehle dringend einen Aufenthalt in einem Epilepsiezentrum.

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